Die Freiheitsbewegung ist wie ein Fluss. Seit Jahren fließen aus vier Himmelsrichtungen besondere KämpferInnen diesem Fluss hinzu. Wenn Gesellschaftswerdung, von Gelehrten auch Sozialität genannt, zum ideologischen Hoffnungsschimmer der Menschheit wird, so wird für einen Menschen vom anderen Teil
der Welt Kurdistan zur Heimat. Ein Sozialist aus Kurdistan sieht als RevolutionärIn
ebenso die andere Seite der Welt als seine Heimat an.
Wie Che Guevara zu seiner Zeit sagte, “Unrecht, egal wo auf der Welt es
jemandem angetan wird, tief im eigenen Herzen zu spüren. Das ist die schönste
Eigenschaft eines Revolutionärs.” Diese Worte schmücken das Herz jedes Revolutionärs.
Wir wissen, dass Che Guevara eine aufständige Persönlichkeit war, gegen jedes
Unrecht und das imperialistische System, welches dieses Unrecht produziert. Dieser
Aufstand geschieht nicht nur mit Worten. Es ist auch keine Widerständigkeit, die planlos,
ziellos und genügsam ist. Der Aufstand des Che ist die Verantwortungsübernahme für
seine innere Stimme und sein Gewissen. Che ist den Menschen gewidmet. Seine Hingabe
für die Menschen ist der gesamten Menschheit gewidmet. Gegen Besatzung,
Ausgrenzung, Versklavung, Unterdrückung, und Erniedrigung pflegt er eine unendliche
Wut und Zorn. Er möchte eine gerechte Welt. Er ist sehnsüchtig nach einer Welt, in der
Menschen wie Menschen, gemeinsam und gleich leben.
Unser Freund Bager hat auf die Stimme seines Herzens gehört und ist im Sinne
einer guten Gefolgschaft und Freundschaft den Spuren Che’s und seines sozialistischen
Denkens gefolgt. Unser Freund Bager hat die Aussage von Abdullah Öcalan “Übt keinen
Verrat an Euren Kindheitsträumen” für sich als Grundlage genommen und hat seinen
Weg in diesem Sinne beschritten.
Ist nicht die schönste Beschreibung der Guerilla die, dass die Guerilla Kinder der
Natur sind? Oder wenn man sagt, dass sie treue KämpferInnen ihrer Träume und Utopien
sind? Ob wohl die Beschreibung “diejenigen, die ihre Kindheitsträume nicht verraten
haben” eine noch bessere ist? Ob es diejenigen sind, die sich im Sinne der größten
Utopien in den freien Fluss des Lebens begeben und beflügelt sind? Indem sie sich
niemals beugen, mit ihrer stolzen Haltung, als stärkste Waffe zur Umsetzung von
Gerechtigkeit, nehmen sie ihr Herz in die Hand und erheben sich in den schwersten
Umständen und Bedingungen widerständig gegen den Tod – sind die Guerilla mit ihrem
großen Glauben und ihrer Überzeugung für die Erschaffung einer freien Zukunft nicht an
erster Stelle diejenigen, die den Träumen des Che folgen?
Wenn wir von Che sprechen, ist es angemessen, dass uns direkt unser Freund
Bager Nûjiyan in den Sinn kommt. Ich habe Heval Bager im Frühling 2018 kennen
gelernt. Davor hatte ich bereits von ihm gehört. Er schrieb in einem 15-seitigen Bericht,
den er an die Partei gerichtet hatte, dass er das neue Paradigma insbesondere in der
Zentralen Parteiakademie von Nahem kennen lernen und dort lernen möchte. Sein
Vorschlag wurde als sinnvoll erachtet. Sein Bericht wurde als sehr eingehend und
tiefgründig erachtet. Sein Bericht nahm sich insgesamt das sozialistische Denken, den
Sozialismus und den neuen Menschen vor. Die FreundInnen teilten uns mit, dass er in
seinem Bericht weitgehende Gedanken und Vertiefungen mitgeteilt hatte. Da ich auch
selber teilweise an den Bildungsarbeiten teilnehme, habe ich in diesem Zusammenhang
auch von Heval Bager gehört. Da ich selbst aus Kurdistan stammend in Deutschland
aufgewachsen bin, habe ich immer einen besonderen Bezug zu den FreundInnen, die
aus Deutschland gekommen sind, und auch eine besondere Beziehung und
Aufmerksamkeit für die Jugendlichen, die aus anderen Ländern der Welt in die Berge
Kurdistans gekommen sind. Wir, als Revolutionäre, verstehen uns als Teil der weltweiten
Revolution. Daher ist unsere Beziehung und unsere Aufmerksamkeit für
InternationalistInnen der Welt, die in die Berge gekommen sind, immer eine besondere
gewesen. In diesem Zusammenhang hatte ich immer einen besonderen Bezug zu den
deutschen FreundInnen, die in die Berge gekommen sind, denn wir entwickeln einfach
auf natürliche Weise eine Beziehung zueinander.
Also, bevor ich den Freund Bager kennen lernte, hatte ich bereits einiges über ihn
erzählt bekommen. Doch um jemanden zu begreifen, zu erkennen, sich eine Meinung
über jemanden zu bilden, muss mensch die/denjenigen kennen lernen, gemeinsame Zeit
miteinander verbringen, sich gegenseitig erfahren, diskutieren, kurz und kurdisch
gesagt, miteinander leben.
Wenn mensch zunächst Heval Bager gesehen hat, eine ruhige Persönlichkeit, mit
starker Beobachtungsgabe, zuhörend, beim Reden etwas zurückhaltend, gleichzeitig
sehr aufgeklärt, eine Person, die weiß wo sie was sagt und diesbezüglich eines großen
Bewusstseins im Leben eigen, kurz gesagt sah mensch eine Person, mit einer
Persönlichkeit und Eigenschaften, die einem Revolutionär zu eigen sind.
Wenn mensch mit Heval Bager diskutierte und ihn kennen lernte, so merkte
mensch, dass er über einen tiefgründigen Wissensschatz verfügte und man erkannte
seinen Glauben in den Sozialismus. Wenn wir von Sozialismus sprechen, so sprechen wir
nicht vom Sozialismus, der auf Herrschaft, Staat und der Diktatur des Proletariats
aufbaut. Der Sozialismus, den wir zur Grundlage nehmen, ist ein Sozialismus jenseits von
Staat, fern von Staatlichkeit und Herrschaft und gegen jede Form von Hierarchie und
Unterdrückung.
Als wir uns das erste Mal gesehen haben, haben wir uns auf deutsch unterhalten.
Je mehr ich ihn jedoch kennen lernte, sah ich, dass der Freund Bager besser als viele
KurdInnen Kurdisch sprechen konnte. Sein Kurdisch war so schön und ich bekam mit,
dass er sowohl an der Mazlum-Dogan-Schule Kurdisch Lesen und Schreiben
unterrichtete, als auch viele eintreffende Perspektiven und Erklärungen in fließendem
Kurdisch vor der gesamten Schulklasse vorlas.
Mir war mehr oder weniger bewusst, dass EuropäerInnen eine gute Voraussetzung
dafür besitzen, neue Sprachen zu lernen. Obgleich mir die historische und soziologische
Grundlage dafür auch nicht bekannt ist, so ist mir die Tatsache, das EuropäerInnen und
insbesondere Deutsche einfach Sprachen lernen aus unmittelbarer Nähe bekannt. Doch
ein Mensch, der von einem fremden Ort ist und auf kurdischer Sprache die KämpferInnen
dieses Volkes unterrichtet, war wirklich von großem Interesse und aufschlussreich für
uns.
Die Moral-Abende bei der Guerilla sind allseits bekannt. Wenn von Moral-Abenden
gesprochen wird so verstehen wir darunter folgendes; alle 15 Tage veranstaltet jede
Guerilla-Einheit ein Moral-Fest, um die eigenen kulturellen Fähigkeiten zu entwickeln. Bei
diesen Festen erzählen einige FreundInnen Erinnerungen, einige tragen eigene Gedichte
oder die Gedichte bekannter Revolutionäre und Sozialisten vor, einige FreundInnen
singen Lieder, einige ahmen die Bewegungen anderer FreundInnen nach, wenn die
Umstände es hergeben, so wird traditionell auch getanzt und Theater gespielt oder auch
Pantomime vorgespielt.
EinE RevolutionärIn oder Guerilla ist nicht nur einE gute KämpferIn; weil sein Kampf
der Schöpfung eines neuen Menschen gilt, ist es in erster Linie auch ein kultureller
Kampf. Er_Sie ist einE KämpferIn gegen jede Rückschrittlichkeit, Ausgrenzung, Unrecht
und Ungerechtigkeit. Also einE KämpferIn dafür, sie selbst zu sein und zu werden. Daher
sollte jedeR Guerilla die Genauigkeit und Feinfühligkeit einEr KünstlerIn zu eigen sein.
Wenn sein_Ihr Leben nicht künstlerisch ist, so ist es mangelhaft, falsch, wendet im Leben
als Guerilla falsche Methoden an und ist fehlerhaft. Wie Che Guevara sagt, “Der neue
Mensch ist nur mit der entwickelten Kultur der RevolutionärInnen möglich”. Eine weit
entwickelte Kultur ist die Liebe zur Freiheit, und bedeutet eine stolze und würdige
Haltung gegen jede Form von Unterdrückung und Erniedrigung!
Vielleicht sagt ihr nun “warum erzählst du uns das?”; da Heval Bager in den letzten
Jahren sowohl bei den offiziellen Festen als auch an besonderen Tagen und Jahrestagen,
die veranstaltet wurden, wo FreundInnen sich mit Tembûr, Gitarre, Trommeln und ihren
anderen Instrumenten beteiligen, immer an erster Stelle war und noch vor allen anderen
eine Rolle darin übernahm. Heval Bager hat sowohl bei den offiziellen Festen, natürlich
auch auf vielen Sprachen und mit den anderen FreundInnen gemeinsam revolutionäre
Lieder gesungen, auch bei den ganz spontan entstehenden Moralabenden hat er
dutzende Lieder nacheinander mit den anderen geteilt. JedE FreundIn hat voller
Begeisterung dem internationalistischen revolutionären Gefährten, der aus einem
anderen Land gekommen war, zugeschaut. Besonders wenn er das Lied von Natalia
sang, das den Namen “Commandante Che Guevara” trägt, haben alle FreundInnen von
ganzem Herzen geklatscht und mitgesungen. Ein anderes Lied, das Heval Bager immer
gesungen hat, ist das Lied “Sê Jinên Azad – Drei Freie Frauen” von der Freundin Delîla.
Dieses Lied wurde in der Schule direkt mit Heval Bager in Verbindung gebracht. Ein
anderes Lied, das jedeR mit ihm in Verbindung brachte, war ein weiteres Lied von Heval
Delîla mit dem Namen “Zîlan”.
Zunächst habe ich den Freund Bager auf diese Weise kennen gelernt. Zweifellos ist
unser Kennenlernen nicht dabei geblieben. Je mehr mensch ihn kennen lernte, desto
mehr war seine Liebe und Treue zu den Menschen, ebenso Verbindung mit dem
Sozialismus und ganz ohne Zweifel seine tiefe Liebe für das Paradigma Abdullah Öcalans
sichtbar.
Ich hoffe es wird nicht falsch verstanden, wenn ich sage dass das Umfeld in dem
Menschen aufwachsen, diese beeinflusst und sie formt. Europa ist das Zentrum der
kapitalistischen Moderne. Seinen Zentralismus nimmt es vor allem auch aus der
Besonderheit, dass es keinen einzigen Menschen in Ruhe lässt, bis er in das System
eingebunden ist. Es ist eine solche zentralistische Haltung, die andere Menschen um sich
herum herablassend betrachtet. Bis dahin, dass zu seiner Zeit, als Menschen aus Afrika
auf Märkten verkauft wurden, darüber diskutiert wurde, ob es denn nun Menschen seien
und ob denn ihr Körper Schmerzen empfinden oder nicht! Es ist eine Modernität, die so
sehr von sich selbst überzeugt ist, dass gerade sehr humanitäre Menschen sie in diese
Lage versetzten. Solche Formen der Annäherung haben zu seiner Zeit dafür gesorgt,
dass Christopher Columbus und seine Gefährten das selbe gegen die indigenen
Amerikaner unternahmen. Gleichzeitig sind diese Unternehmungen, die dem Menschen
das Menschsein entzogen, legitimiert durch Bibelpsalmen. Wir können das, was
geschehen ist, in dutzenden Schriften von Päpsten und Pfarrern nachlesen.
Also, Europa ist selbstbezogen-zentralistisch. Und eben das gibt es an seine
Gesellschaft weiter oder auch wird es ihnen eingetrichtert. Seine Gesellschaft und den
Einzelnen darin lässt es fühlen, dass sie sehr besondere Menschen sind, macht sie so zu
Mittragenden seines weltweiten Kolonialismus und lässt sie verstummen. Kurz gesagt,
europäische Menschen schauen von oben herab auf Menschen in Afrika, Asien und dem
Mittleren Osten natürlich. Das, wovon ich spreche, birgt seine Quelle nicht im Guten oder
Schlechten des Menschen. Das System der kapitalistischen Moderne tut durch sein
Bildungssystem alles, um europäische Menschen in diese Lage zu versetzen. Grundlos
hat der verstorbene Schriftsteller Immanuel Wallerstein nicht gesagt “Wir sind alle ein
bisschen Kinder der kapitalistischen Moderne.” Obgleich es nicht ihre Absicht ist, sich zu
überhöhen, andere herablassend zu betrachten, sich auf eine Weise in herrschaftliche
Positionen zu bringen. All das wird auch in unseren Einheiten sichtbar.
Doch ich kann sagen, dass ich in der Persönlichkeit von Heval Bager nicht mal ein
kleines bisschen an Selbstbezogenheit und Egoismus gesehen habe. In der Schule war er
unter seinen FreundInnen vielleicht sogar der kommunalste, der am meisten teilte, mit
jeder und jedem in den Austausch trat, mit all der ihm zur Verfügung stehenden Kraft
versuchte, für die Sorgen aller Lösungen zu finden, das heißt von seiner Richtung her ein
gesellschaftliches Vorbild und mit seiner Haltung im Leben sehr bescheiden war.
Wenn mensch ihn so betrachtete – hätte er nicht seine rot-blonde Farbe – so hätte
man nicht gemerkt, dass er ein deutscher Freund ist. Er hatte also auf seinem Weg in
die Berge die Mittel von Che zur Grundlage genommen. Als Che sich von seiner Mutter
verabschiedete, hatte er nicht ohne Grund gesagt: “Wieder einmal spüre ich zwischen
meinen Fersen die Rippen Rosinantes. Ich bin wieder unterwegs” Und als Che Kuba
verließ und sich im Dienste der Revolution auf den Weg in ein noch ungeklärtes Land in
Afrika machte, sagte er nicht grundlos zu Fidel: “Andere Länder der Welt warten auf
meine bescheidene Hilfe.” Ein Mensch, der in einem anderen Land auf der Welt versucht,
seine bescheidene Hilfe zu leisten, der muss zunächst mit den RevolutionärInnen vor Ort
und der Gesellschaft dort eins werden, um mit seinen Bemühungen erfolgreich zu sein.
Das Problem ist nicht die Rückschrittlichkeit oder Fortschrittlichkeit an diesen Orten; das
Problem ist das Unrecht, das dort geschieht, auf eine tiefgründige Weise fühlen zu
können, und somit ein kleines bisschen für ihre Probleme eine Lösung zu finden. Diese
Lösung umzusetzen ist zweifellos durch Bescheidenheit möglich.
Der Freund Bager war wirklich ebenso sehr, wie er von Che begeistert war, auch
ein guter Weggefährte von ihm. Er war so, dass er um Revolutionär zu werden zunächst
das Land von Che und dann viele Länder Lateinamerikas bereiste. Neben Deutsch und
Englisch sprach er auch Spanisch. Sprache ist schlussendlich der Angelpunkt jedes
Austausches. Um mit Menschen eine gute Beziehung aufzubauen, musst du mit ihnen
sprechen. Um sprechen zu können, musst du die Sprache können. Heval Bager hat diese
Wahrheit früh erkannt und wo auch immer er hinging, lernte und sprach er die Sprache
vor Ort bestmöglich.
Eine grundlegende Eigenschaft eines Revolutionärs ist es auch, wo auch immer er
hingeht, Verbindung und Austausch zu pflegen. Der große türkische Internationalist und
Weggefährte Kemal Pîr sagte: “Wenn ich täglich nicht die Gesichter von hundert
Menschen sehe, dann kann ich nicht ruhig bleiben.” In die Gesichter von Hundert
Menschen zu blicken, bedeutet Verbindungen aufzubauen. Im Geiste mit ihnen eins zu
werden. Einander von tiefstem Herzen zu fühlen. Der Weggefährte Bager wurde sowohl
durch seinen Austausch, als auch durch seine Einigkeit im Geiste, innerhalb kürzester
Zeit ein reifer Kämpfer der Berge.
Zweifellos kann mensch nicht immer und überall auf einen solchen Weggefährten
treffen oder wann immer mensch will, einen solchen Freund kennen lernen. Manchmal
bringt das Schicksal mensch mit einem solchen engelgesichtigen, zarten, liebevollen,
feinfühligen und zuvorkommenden Revolutionär in Berührung, mit großem Intellekt,
hingebungsvoll in seinen Bemühungen und durch seine Haltung ein Revolutionär. Unser
Freund Bager war ein solch ausfüllender und ausgewählter Revolutionär und Kämpfer.
Mensch hält immer Ausschau nach solchen Persönlichkeiten und Weggefährten und wir
sehnen uns nach ihnen. Er war ein solcher Freund, dass mensch geduldig die Murmeln
seiner Tezbî-Kette weiterschob, bis er seine Worte sagte. Er war so einer, dass mensch
um ihn zu sehen kilometerweit gehen würde, um in sein aufgewecktes Gesicht blicken
und bei der Begrüßung ihn innig und ausgiebig zu umarmen und von Herzen und in tiefer
Verbundenheit nach seiner Verfassung zu fragen. Er war eine Persönlichkeit, die mensch
nicht vergisst. Obgleich RevolutionärInsein etwas kommunales ist, solche
WeggefährtInnen trägt mensch ewig in den Tiefen seines Herzens.
Wenn ich mich nicht irre, so habe ich zwei Unterrichte abgehalten in der Schule, in
der auch Heval Bager sich befand. Einer davon war zur Geschichte Kurdistans. Wenn wir
die Geschichte Kurdistans als Unterricht behandeln, so betrachten wir dabei natürlich
nicht nur die KurdInnen und Kurdistan. Wir betrachten dabei die Kräfte der
demokratischen Moderne, die in der Front gegen die herrschaftliche, gewaltsame und
staatsbezogene kapitalistische Moderne ihren Platz einnehmen. Als wir in diesem
Zusammenhang das sklavenhalterische römische Imperium zum Thema hatten,
bewerteten wir insbesondere auch die christlichen inneren Bewegungen, die sich gegen
das sklavenhalterische Rom im Aufstand befanden, und ebenso die Bewegungen aus
dem Norden wie die Germanen, die um nicht versklavt zu werden, Welle um Welle den
Weg nach Rom einschlugen und ihre Rache nahmen. Außerdem auch die Bewegungen
der Teutonen, Alemannen und zweifelsohne genauso die Gallier, Normannen und all die
Völker, die gegen die Sklavenherrschaft Roms Widerstand leisteten. Wenn wir uns mit
ihnen beschäftigen und sie bewerten, dann versuchen wir insbesondere ihren Charakter
zu verstehen. Wir versuchen das Erbe derer, die nicht versklavt wurden, zu begreifen
und zu erkennen. Aus diesen Analysen versuchen wir die Lehren zu ziehen, die für uns
nötig sind. Daher sind die Vertiefungen bezüglich der Rolle dieser Bewegungen für uns
sehr bedeutsam. Einerseits erkennen wir die Germanen-Alemannen, die sich nicht
ergeben und sich nicht beugen, andererseits die Germanen-Alemannen, die willkürlich
einfältig, eigensinnig, dickköpfig, engstirnig, zornig sind und niemanden außer sich selbst
kennen, wir behandeln diese Themen und diskutieren sie.
In diesen Diskussionen haben wir den Freund Bager in die Tiefen der deutschen
Geschichte begleitet und ihm viele Fragen gestellt. Sehr eindrucksvoll ist dabei, dass
egal wo auf der Welt wir leben, wenn es an einem Ort ist, wo Stämme stark ausgeprägt
gelebt haben, so ähneln wir einander. Als nun Heval Bager aufstand und ein bisschen
sich und ein bisschen die Germanen erläuterte, war die gesamte Schule beeindruckt
davon, dass Germanen und Kurden, also auch die Germanen und Araber, die Germanen
und Perser und andere Völker mit Stammestradition an anderen Orten der Welt sich
einander ähneln. Wenn sich etwas geändert hat, so besonders in den letzten 200 Jahren,
also durch nichts anderes als das Zeitalter des Monsters namens Nationalstaat,
Rassismus, Fundamentalismus, Sexismus und positivistische Ideologien, die die Völker
voneinander abtrennen und miteinander verfeinden. Je mehr wir uns dessen bewusst
werden, desto mehr schließen wir das kommunale und natürliche Leben in unsere Arme
und entwickeln unsere Utopie im Kampf gegen den Rassismus und jede andere
Krankheit, die der Nationalstaat ausgebreitet hat, immer weiter.
Da wir alles in Verbindung setzen, sehen wir Che, der im einen Teil der Erde
aufsteht und sich auf den Weg macht und sich für die Umsetzung der Revolution auf den
Weg nach Afrika macht. Der Weggefährte Bager kommt ebenso von einem Teil der Erde
in einen anderen Teil der Welt in ein anderes Land, um sich für die Revolution und
Freiheit eines Volkes mit dem kämpferischen Geist seines Volkes in den Reihen der
Revolution zu beteiligen.
Auf diese Weise haben wir in vielen Unterrichtseinheiten mit dem Freund Bager
diskutiert. Er fragte und die FreundInnen antworteten, die FreundInnen fragten und er
antwortete. Ist das revolutionär sein nicht eben, dass wir uns gegenseitig
vervollständigen? Wenn revolutionär sein das sich gegenseitig vervollständigen ist, dann
hat der Freund Bager den FreundInnen gegeben, was er geben konnte und die
FreundInnen gaben, was es zu geben galt und anzureichern.
Je mehr wir die Vertiefung sahen, die in dem Freund vor sich ging, desto weiter
trugen uns unsere Diskussionen bis an viele Orte der Welt. Bald ließ sich erkennen, dass
der Freund Bager bewusst die Berge Kurdistans gewählt hatte und hergekommen war.
Auf diese Weise habe ich von ihm das große Interesse verstanden, mit dem das
Paradigma Abdullah Öcalans zunächst in Europa, aber auch an vielen anderen Orten
weltweit aufgenommen wird. Zunächst seit 1990 bis heute zählt er die neuen Suchen,
die sich weltweit an vielen Orten entwickelt haben, eine nach der anderen auf. Wirklich,
je mehr er erzählt, erweitert sich mein Horizont und der aller FreundInnen. Wenn mensch
lernt, dass er mit WeggefährtInnen an einem anderen Ort der Welt dieselben Gefühle
und Gedanken teilt und im selben Geist lebt, so erweitert es das Herz jedeR Einzelnen
und erweitert den Horizont jedeR Einzelnen. Natürlich gibt es Forschungen, die wir
anstellen und studieren, insbesondere mit vielen deutschen FreundInnen, die ich kennen
gelernt habe, mit denen ich diskutiert habe, mit den vielen InternationalistInnen, die ich
getroffen habe. Ich kann jedoch klar sagen, dass ich das Paradigma Abdullah Öcalans am
Meisten mit Heval Bager diskutiert habe.
Der Bildungsdurchgang ging auf sein Ende zu. Bei uns werden vor dem Ende der
Bildung Plattformen durchgeführt. Unsere Plattformen sind der Angelpunkt für die
Bewusstwerdung und Veränderung jedeR Einzelnen von uns. Die Kritiken der
FreundInnen für uns und unsere Selbstkritik für sie – wir verstehen das Leben als
kritikwürdig und berichtigen es. Plattformen sind unsere Aktionsform dafür. Die
wirksamste Waffe der FreiheitskämpferInnen ist die Kritik und Selbstkritik. Das
grundlegendste Ziel dieser Plattformen ist es, unsere Eigenschaften, die der
demokratischen Moderne nicht entsprechen, selbst zu erkennen und durch Kritik und
Selbstkritik zu überwinden.
Auch die Plattform von Heval Bager hat stattgefunden. In der Plattform wurde
deutlich, wie sehr die FreundInnen Heval Bager wertschätzten und respektierten.
Zweifellos schafft ein Revolutionär selbst den ihn auszeichnenden Respekt. Was die
Achtung ausmachte, die ihm entgegengebracht wurde, war seine sozialistische und
treue Persönlichkeit.
Vielleicht wird es Euch besonders auffallen, doch ich möchte es ein weiteres Mal
sagen. Die Wirklichkeit, die wir FreiheitskämpferInnen auf höchster Weise verteidigen,
ist, dass jede und jeder mit ihrer eigenen Art und Farbe zum revolutionären Kampf
beiträgt. Wir wollen, dass jedeR sich mit ihrer Farbe und Kultur beteiligt. Wer aus der
arabischen Gesellschaft kommt, mit der Farbe der AraberInnen, einE TürkIn mit der
Farbe der türkischen Gesellschaft, einE ArmenierIn mit der Farbe der armenischen
Gesellschaft, ein Suryoye beteiligt sich mit der Farbe der Gesellschaft der Suryoye. Oder
auch alevitisch, ezidisch oder ein anderer Glauben beteiligt sich mit den Farben ihrer
Gesellschaft. Wer sich nicht mit seiner eigenen Farbe am Kampf der Revolution beteiligt,
kann auch nicht sein ganzes Potential entfalten. Wer stattdessen jemand oder einige
andere nachahmt, kann sich seiner selbst nicht bewusst werden. Heval Bager besaß in
seinem Leben, seiner Haltung, seiner Sprache, seinen Liedern und den Beziehungen zu
seinen FreundInnen eine reife und bewusste Haltung. In den Plattformen wurde er mit
seiner beispielhaften Haltung eine leibhaftige Kritik für die FreundInnen, die ihren Bericht
nicht auf Kurdisch verfasst hatten. Gleichzeitig hat er bei seinen Plattformen stets
tiefgründig über die Wirklichkeit der deutschen Gesellschaft nachgedacht, denn jedes
Kraut und jede Blume erblüht auf ihren eigenen Wurzeln. Also sollte einE deutsche
FreundIn nicht zur KurdIn werden; um die KurdInnen zu verstehen ist eine empathische
Annäherung zweifellos notwendig, dementsprechend hat er dies auch getan. Heval
Bager war ein solcher Freund. Er hat sich so sehr mit dem Guerilla- und Revolutionärsein
vereinigt, dass seine FreundInnen ihn bewunderten.
Zum Abschluss der Bildungseinheit kam die Musikgruppe Amara zu den
Festlichkeiten der Mazlum Dogan Parteischule. Heval Bager hat dutzende Lieder auf
verschiedensten Sprachen gemeinsam mit der Gruppe gesungen und begeisterte alle
FreundInnen. Als ein in Deutschland aufgewachsener Freund fragte ich ihn, das Lied
“Roter Wedding” zu singen, was er mit großer Freude tat. Nach Jahren mit der Stimme
von Heval Bager das deutsche revolutionäre Lied “Roter Wedding” zu hören, hat mir eine
große Freude und Motivation gebracht.
So gut wie alle FreundInnen wussten von der Geschicklichkeit und den Fähigkeiten
Heval Bagers. Unter vielen Talenten spielte er sehr schön auf der Gitarre und der Geige.
Alle SchülerInnen der Schule sahen und wussten, dass er Gitarre spielt. Der Freund
Bager spielte nicht nur Gitarre und Geige, sondern er sang ebenso schön Lieder dazu. Es
wurde viel diskutiert und ein Kulturkomittee aufgebaut, um Lieder in vielen
verschiedenen Sprachen zu schaffen. Das grundlegende Ziel war es, in verschiedenen
Sprachen Lieder über die großen Kommandanten und Revolutionäre Erdal – Engîn
Sîncer, Atakan – Suleyman Çoban und Egîd – Mahsûm Korkmaz zu schreiben und zu
singen. Einen ganzen Winter lang wollten sie gemeinsam mit der Musikgruppe Awazên
Çiya Lieder schöpfen, um diese Freunde wie Che Guevara mit seinem Lied unsterblich zu
machen. Dafür ist auch Heval Bager für eine bestimmte Zeit in die Kulturarbeiten
versetzt worden.
Als Heval Bager in den Kulturarbeiten war, haben wir uns auch manchmal gesehen,
doch mehr als das haben wir uns geschrieben. Da er sehr tiefgründige ideologische
Bewertungen vornahm, schickte er mir einige Texte zu, um sie weiterzusenden. Ich hatte
ihm auch vorgeschlagen, Texte über das Paradigma zu schreiben. Auch hat er von mir
Material und Quellen zu den deutsch-türkischen und deutsch-kurdischen Beziehungen
angefordert, um dazu zu forschen. Ich habe das Material bei mir gesammelt und aus
Archiven angefordert, zusammengestellt und ihm zugeschickt.
In einer Zeit, als wir voller Erwartung für die Guerilla Kurdistans und das
Paradigma der demokratischen Moderne waren, auf Vertiefung, Vermehrung und seine
dahingehend neue Schöpfung in kultureller und künstlerischer Hinsicht, haben Flugzeuge
des faschistischen türkischen Staates am 14. Dezember 2018 die Medya-
Verteidigungsgebiete angegriffen und wir haben die traurige Nachricht erhalten, dass er
gefallen ist. Es ist angemessen zu sagen, dass alle FreundInnen, die Heval Bager
kannten, zerbrachen. Die Worte waren in ihren Mündern vertrocknet!
Die Schwere der Winter in Kurdistan ist bekannt. In diesem Monat des schweren
Winters hoben die FreundInnen den Körper von Heval Bager von dem Ort, an dem er
gefallen war und brachten ihn mit einer eindrucksvollen Gedenkfeier zum Friedhof der
Gefallenen. Als sein Körper auf dem Friedhof begraben wurde, war auch ich anwesend.
KeinE FreundIn bekam nur ein Wort über die Lippen, doch die Tränen ihrer Augen hielten
nicht an. Fast alle FreundInnen, die ihn begruben, kannten ihn selbst. Die größte Wut der
FreundInnen bezog sich darauf, dass ein Freund vom anderen Teil der Welt kommt und
die Art und Weise von Che zum Leben erweckt, um für die Revolution in Kurdistan zu
kämpfen und unter uns seinen letzten Weg geht. KämpferInnen, die sich der Revolution
anschließen, wissen, sobald sie ihre Schritte in diesem Kampf gehen, dass Revolution
und RevolutionärInsein seinen Preis hat. Diejenigen, die glauben, dass eine andere Welt
möglich ist, wissen zweifellos, dass dies nicht geschieht, ohne Opfer dafür zu geben.
Daher haben sich im Freiheitskampf Kurdistans bereits zehntausende schöne Seelen der
Revolution gewidmet!
Die Haltung jeder RevolutionärIn, die sich den Bergen und der Guerilla zugewendet
hat, ist stets in diesen Worten Ches versteckt, im Gefühl “Woher auch immer und wie
auch immer der Tod kommen wird, wenn die Worte unserer Münder in den Ohren aller
widerhallen, unsere Waffe nicht aus den Händen fällt, andere Menschen mit den Rufen
des Krieges und des Erfolges und mit den Geräuschen der Gewehre auf unseren Gräbern
verweilen, so soll der Tod voller Segen und willkommen sein”.
So sehr wir uns dessen bewusst sind, so lässt unser Herz nicht los und akzeptiert
nicht, dass ein Freund von jener Seite der Erde gekommen ist und Schulter an Schulter
mit uns in unserem Land für die Revolution Kurdistans gekämpft hat, zur Brücke der
Revolution wurde, von uns genommen wurde und gehen muss. Das akzeptieren wir
niemals. Mit den Worten Emma Goldmans “Bis die Träume nur noch eine Weintraube im
Sonnenlicht sind”, werden wir in der Persönlichkeit Heval Bagers unseren Kampf auf
höchster Ebene fortsetzen bis zum Erfolg, um die Träume, Utopien und Ziele aller
RevolutionärInnen für die Freiheit zu verwirklichen.
Unsere Worte für das Leben, unsere Suche im Leben und unser Maß im Leben
immer und bei jedem Schritt:
-Hasta la Victoria Siempre!
-An Sosyalîzm an Sosyalîzm! Entweder Sozialismus oder Sozialismus!
-“Jiyan an dê azad be yan azad be!” “Das Leben wird frei sein oder frei sein!”