Wir, die Internationalistische Kommune von Rojava, rufen zur Unterstützung der Proteste gegen die von Nato-Staaten organisierte Sicherheitskonferenz in München auf. Die Vertreter*innen von Militär, Regierungen und Rüstungskonzernen die sich vom 16. bis 18. Februar im Hotel Bayerischer Hof treffen, vertreten nicht unsere Interessen, sondern die Hegemonieinteressen ihrer Staaten und die Interessen des Kapitals. Wenn diese Leute von Sicherheit reden, dann bedeutet das für uns Aufrüstung und Krieg.
In Syrien werden die Folgen der neokolonialen und imperialistischen Politik westlicher Staaten und ihrer Kontrahenten deutlich. Die Folgen einer Politik die versucht, die Gesellschaften des Nahen Ostens und anderer Teile dieser Welt systematisch in Abhängigkeit zu drängen und sich die regionalen politischen Systeme gefügig zu machen. Gegen diese Politik müssen wir uns gemeinsam organisieren. Der Globalisierung des Kapitals setzen wir die internationale Solidarität entgegen.
Gemeinsam mit tausenden Menschen aus aller Welt haben es die Verteidigungskräfte der Selbstverwaltung in Nordsyrien geschafft, Daesh zurückzuschlagen. Und heute wehren sich die Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG und YPJ gegen den Angriffskrieg des türkischen Staates. Doch auch wenn die Menschlichkeit und Solidarität in Rojava gewinnt, und die klerikal-faschistischen Armeen von Erdogan und IS zurückgeschlagen werden, hinterlässt der Krieg große Schäden. Er zerreißt Familien und zerstört die ökologische Existenzgrundlage der Menschen. Und so wichtig die militärische Verteidigung Nordsyriens ist, so wichtig ist es auch, dort im zivilen und ökologischen Bereich anzupacken.
In diesen Wochen starten wir, die Internationalistische Kommune von Rojava gemeinsam mit den Selbstverwaltungskräften Nordsyriens die Kampagne „Make Rojava Green Again“. Mit der Aufzucht und Pflanzung von zehntausenden Bäumen, Bildungsarbeit und anderen ökologischen Projekten wollen wir eine Antwort auf die katastrophale ökologische Situation in Syrien finden. Die Zerstörung der Natur ist eines der größten Probleme mit dem die Menschen in Rojava konfrontiert sind. Die Abholzung von Wäldern durch das Assad-Regime, riesige Weizen- und Olivenmonokulturen und der Klimawandel haben die Böden ausgezehrt und das Wasser, seit jeher eine Mangelware in der Region, weiter verknappt. Wo früher noch Bäume wuchsen machen sich Steppen breit.
Verstärkt wird die dramatische ökologische Situation in Nordsyrien und in gesamt Westasien durch die von regionalen imperialistischen Staaten wie der Türkei, Saudi-Arabien und dem Iran sowie von internationalen Machtblöcken, allen voran der Nato vorangetriebenen Kriegen um Hegemonie, Ressourcen, Handelswege und Absatzmärkte. Kriegsschäden werden in Toten, Verwundeten oder zerstörten Gebäuden beziffert. Über die entstandenen Umweltschäden wird meist viel weniger berichtet. Schäden durch Öl, Chemikalien und Landminen sind oft für lange Zeit nicht zu beseitigen. Mit der Verseuchung von Luft, Wasser und Boden wird den Menschen ihre Existenzgrundlage geraubt.
Die Schäden die der von den USA und anderen Nato-Staaten geführte Irakkrieg 2003 hinterlassen hat führen das vor Augen, sie sind in der Region bis heute spürbar. Der Qualm der während des Einmarsches des US-Militärs angezündeten Ölquellen enthielt mehrere Tonnen Schwefeldioxid, Stickstoffoxide und Kohlenmonoxid. Hinzu kamen krebserregende Schwermetalle wie Cadmium, Chrom und Blei. Flächenbombardements trafen irakische Industrieanlagen: Raffinerien, Pipelines, Chemie- und Düngerfabriken, Staudämme und Elektrizitätswerke. In der Folge starben hunderttausende Schafe und zehntausende Kamele an Luft- und Wasserverschmutzung. Und nicht zuletzt die tonnenweise verschossene Uranmunition belastet bis heute Wasser und Boden. Bis heute liegen in irakischen Kliniken tausende von an Krebs erkrankten Kindern, deren Erkrankung auf die Verstrahlung durch die Überreste von Uranmunition zurückzuführen ist.
Und auch in Syrien werden heute an vielen Fronten wieder chemische Kampfstoffe wie Sarin oder Brandkampfstoffe wie weißer Phosphor eingesetzt. Und auch heute wird von verschiedenen Konfliktparteien Uranmunition verschossen. Neben den Umweltschäden die in Syrien durch direkte Kriegsführung entstehen, spielt auch die wirtschaftliche Kriegsführung, insbesondere des türkischen Staates, eine Rolle. Natur und Landwirtschaft Rojavas sind auf die Flüsse, auf den Wasserzustrom aus dem Norden angewiesen. Der türkische Staat nutzt das als Kampfmittel, durch Mega-Staudammprojekte wird die Wasserzufuhr nach Rojava systematisch eingeschränkt, der Pegel des Euphrat, einem der größte Flüsse des Nahen Ostens hat massiv abgenommen, andere Flüsse sind bereits komplett ausgetrocknet. Das führt zu Ernteausfällen, austrocknenden Landstrichen und einer weiteren Abnahme der Trinkwasserqualität.
Die Zusammenhänge von Kapitalismus, Imperialismus und Naturzerstörung zeigen, dass der Einsatz für Ökologie und der Kampf für Frieden zusammengehören. Eine ökologische und friedliche Gesellschaft ist nur gegen die Interessen des Kapitals und seiner Staaten aufzubauen.
Wir wünschen unseren Genoss*innen, die in München gegen die Nato und ihre Sicherheitskonferenz auf die Straße gehen viel Erfolg. Der Protest ist nur der erste Schritt auf dem Weg zum Aufbau von Gegenmacht, vom Zusammenkommen von Menschen, die ein neues Leben aufbauen.
Wir laden alle Genoss*innen ein, die Internationalistische Kommune in ihren ökologischen und gesellschaftlichen Arbeiten zu unterstützen.
Nur wenn wir die Kämpfe zusammenführen können wir gewinnen. In diesem Sinne: Hoch die internationale Solidarität!