Zwei große Revolutionäre:
Atakan Mahîr – „Stimme meines Herzens“
Zum ersten Jahrestag des Todes von Atakan Mahîr und Mam Zekî Şengalî wollen wir diesen beiden großen Revolutionären gedenken. Sie sind für uns Beispiele auf der Suche nach einem freien und revolutionären Leben. Wir werden sie niemals vergessen und alles geben um ihre Träume Wirklichkeit werden zu lassen.
Atakan Mahîr, geboren 1974 in Elbîstan, schloss sich 1993 in Dersîm der Gerilla an und verbachte 25 Jahre als wertvoller Militanter in der PKK. Er kämpfte, führte, produzierte, agitierte, schrieb und liebte Land, Menschen und Natur. Er hat Kriegsgeschichte geschrieben, soviel wie er geschrieben hat hat er gekämpft, soviel wie er gekämpft hat er erzählt. Vor einem Jahr am 11.08.2018 ist er in Dersîm gefallen. Etwas über einen Menschen, einen Revolutionär wie Atakan Mahîr, den einige auch Gerilla des Zeitalter der Raumfahrt oder Derwêş von Dersîm nennen zu schreiben ist sehr schwierig und würde ihm niemals gerecht werden. Daher wollen wir hier im Folgenden mit einigen seiner Worte zu seinem geliebten Dersîm, einem seiner Gedichte und einem Auszug aus einem Brief zu Thema „Töten des Mannes“, ihn selbst zur Sprache kommen lassen.
Atakan Mahîr zu Dersîm:
„Man sagt es gibt einige Worte von Seyîd Riza, doch wahrscheinlich kommt es von jemandem aus dem Demenan-Stamm, der nach dem Martytertum seines Sohnes sagte: „Wir haben den Schlüssel zu den Bergen verloren“. Können wir jemals 3000 Gefallene aufgeben? Können wir jemals die Erinnerung an diese Freunde aufgeben? Können wir jemals unser Volk aufgeben? Können wir jemals diese Geografie aufgeben? So würden die Eichen jeden Tag, jedes Jahr ohne uns wachsen. Ich habe jahrelange Erinnerungen, unter mir fließt der Mûnzûr, jedenfalls können wir sie nicht aufgeben…“
HIER DAS VIDEO ZUM GEDICHT
https://www.youtube.com/watch?v=wUb_IwBv4co
Stimme meines Herzens
Wenn eines Tages
ich falle, lang hinschlage
du keine Scheu vor meiner Leiche
dem Kriegsruf hast
beuge dich herab und küsse mich.
Wie vertrockneter Boden nach Wasser dürstet
zärtlich wie die Mutter die Hand nach der Wiege streckt
wie die gläubige Hand die Ikone berührt
voll Sehnsucht wie der Regentropfen im Fall über der Erde;
wie ein Liebender.
Nimm an, ich wär ein Romakind
wie ein geflicktes Bündel auf dem Rücken der Mutter
halbnackt, vertrieben, auf Wanderschaft.
In der Hand ein Stück Brot
gerade aus dem Müll gezogen
Hände und Gesicht voll Schmutz
Nie sauber, voll Sehnsucht nach Wasser
in meinem Herzen
eine Leere.
Nimm an, ich wär ein Koloniekind
in einer großen Steppe
mit nackte Füßen
leicht gebeugt, leicht beleidigt,
etwas rebellisch und wieder im Herzen
eine Leere.
Nimm an, ich wär so furchtbar einsam
brauchte eine Umarmung
beug dich über mich und küss mich.
Riecht mein Leib auch nicht nach Rosen
wie die leeren
zerstörten
verbrannten Dörfer Kurdistans
ohne Fußspuren von Kindern
nach Asche
vergessen auf den Seiten des Krieges
Bin ich auch nicht gehüllt in weiße Seide
in der einfachen, nackten Natur
gefallen zum Beispiel
und zwar im Krieg
von meinem Körper geblieben dir
mein Herz, mein Gedanke
mein Körper wie ein Frühlingsblatt
oder
ein Stück Gesicht.
Hast du keine Scheu
dann beug dich und küss mich
aber weine nicht.
Schlage deine Waffe an meine
geballt sei deine Faust in meiner
der Glanz in meinem Auge dein Weg
meine ewige Ruhe deine Hoffnung auf Sieg.
Sagst, ein Blatt fiel von der Eiche
nimmst es auf, riechst daran
vielleicht erschauderst du
soviel muss schon sein, Genosse!
Vergiss nicht,
nicht im Zeitalter des Messias
im Zeitalter der Raumfahrt sind wir Guerilla
weder lebte Spartakus wie wir
noch kämpfte Ché wie wir.
Natürlich, unsere Leiber sind der Preis
für die frohe Botschaft eines blauen Himmels
wolkenlos
dafür sollen sie sein, Genosse!
Der Griff nach der Sonne ist nicht nur nah
wir haben sie endlich ergriffen
unser endlich die Morgenröte
lange klingt unser Lied
die Berge tanzen im Kreis
unsere Kinder wie ein irrer Wind
schau:
Aus Dörfern klingt das Krähen des Hahns
die Farben unserer Fahne tönen die Wolken
nicht der Regenbogen spannt sich über Kurdistan
das neue Leben ist es
dein sei die Freiheit, Genosse!
Şehîd Atakan Mahir, gefallen am 11. August 2018 in Dêrsim
(aus dem Türkischen übersetzt)
Heval Atakan Mahîrs Brief über “Töten des Mannes”:
“Der Mensch ist in unserer Gesellschaft nicht in einer freien Umgebung aufgewachsen, und so ist seine Persönlichkeit instabil und schwach – was sich in seinem Kampf für die Freiheit widerspiegelt, den er nicht als sein Hauptziel betrachtet. Darüber hinaus verwendet er den Begriff der Freiheit als Verkleidung und nicht als Kultur, die sich in den Praktiken seines Alltags widerspiegelt. Wenn wir unter uns darüber diskutieren, inwieweit die Männlichkeit unsere Persönlichkeiten dominiert, entscheiden wir, dass wir, wenn wir innerhalb der Befreiungsbewegung [Männlichkeit] in unseren Aufgaben nicht praktizieren können, andere Wege finden müssen, sie zu praktizieren. Das zeigt, wie die männliche Souveränität die Menschen sowohl in Verlegenheit bringt als auch ihnen immer einen sicheren Hafen bietet. Jeder Mann, der behauptet, Frauen zu respektieren, kommt immer noch zu einem Punkt, an dem er ihnen Grenzen setzt. Dies liegt daran, wie tief verwurzelt die männliche Dominanz als Kultur in seiner Persönlichkeit ist und ihn daran hindert, seine Ansprüche wirklich durchsetzen zu können.
Der Mann definiert beide Geschlechter als Gegner des anderen und betrachtet die Frau einfach als jemanden, der kein Mann ist. Ebenso ist ein Mann jemand, der nicht weiblich ist. In diesem Zustand des Antagonismus eliminieren beide Geschlechter einander, anstatt sich zu ergänzen. Das bedeutet, dass die Konstruktion der persönlichen Identität für ein Geschlecht Konsequenzen hat und sogar Schäden in der persönlichen Identität des anderen verursacht. Es ist bekannt, dass die männliche persönliche Identität über lange Zeit geprägt wurde und in einem solchen Konflikt vorherrscht. Aber die Menschen sind nicht in der Lage, untereinander eine tiefe Gemeinschaft und Genossenschaft aufzubauen. Sie offenbaren weder ihre Leiden noch sind sie offen füreinander. Sie setzen sich immer Grenzen untereinander. Darüber hinaus identifizieren sich Männer oft mit körperlicher Stärke. Ist es eine Demonstration der Stärke zu zeigen, wie sie alle Aufgaben erfüllen und schwere Lasten tragen? Um zu zeigen, wie stark sie in sexuellen Beziehungen sind? So zu denken bedeutet, dass sie sich immer vor jemandem beweisen müssen.”
(aus dem Türkischen übersetzt)